Kein Recht für faule Richter

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Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs – Dienstgericht des Bundes – in dieser Woche verdient Beachtung. Darin geht es um einen faulen Richter und nicht etwa um einen Amtsrichter, sondern um einen Richter eines Oberlandesgerichts.

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs – Dienstgericht des Bundes – in dieser Woche verdient Beachtung. Darin geht es um einen faulen Richter und nicht etwa um einen Amtsrichter, sondern um einen Richter eines Oberlandesgerichts.

Jeder kennt es vielleicht auch aus eigener Erfahrung, Gerichtsverfahren dauern lange. Und manch einer fragt sich – zurecht – woran das wohl liegen mag? Als üblicher Verdächtiger steht zunächst der Rechtsanwalt auf der Liste, der sich – vermeintlich – nicht hinreichend um die ihm übertragene Angelegenheit kümmert, denn sonst würde das Verfahren ja nicht so lange dauern. Dabei wird jedoch – aus Unkenntnis – übersehen, dass meistens nicht die vermeintliche Untätigkeit des Rechtsanwalts die Ursache für lange Verfahrensdauer ist, sondern die schleppende Bearbeitung bei Gericht. Dies kann viele Gründe haben, z.B. Arbeitsüberlastung der Gerichte, was immer wieder vom Gesetzgeber zum Anlass genommen wurde, verfahrensrechtliche Vorschriften zur – vermeintlichen – Entlastung der Gerichte zu ändern. Erfolg hatte das alles nicht, sondern führte eher zu einer Rechtsverkürzung der Prozessparteien. Häufiger Personalwechsel in den jeweiligen Dezernaten, Krankheit oder aber und eben auch Gründe, die einfach in der Person eines Richters liegen.

Dazu muss man wissen, dass Richter üblicherweise nach Ablauf einer Probezeit von drei Jahren auf Lebenszeit ernannt werden und dann nicht einfach entlassen werden können. Auch gegenüber einer sonstigen Beamtentätigkeit hat ein Richter durch die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit (Art. 97 GG)., eine herausragende Sonderstellung. Damit sollen politischer und staatlicher Einfluss, insbesondere Weisungen, auf die Rechtsprechung verhindert werden. Diese Unabhängigkeit gibt einem Richter gegenüber allen sonstigen abhängigen Berufen und Beamtenverhältnissen eine ungeahnte Freiheit, aber auch Verantwortung. Ohne Zustimmung können Richter zu praktisch nichts verpflichtet werden. Auch nicht, innerhalb welchen Zeitraums oder welcher Frist die Richter die ihnen vorliegenden Verfahren zu erledigen haben. Das kann zu Problemen führen, wenn Richter entscheidungsschwach, unorganisiert oder eben schlicht faul sind.

Gegen faule Richter indes ist kaum ein Kraut gewachsen. Es gibt die Dienstaufsichtsbeschwerde, die regelmäßig mit Hinweis auf die Unabhängigkeit des Richters zurückgewiesen wird und die sogenannte „Verzögerungsrüge„ in § 198 GVG, die einem Verfahrensbeteiligten bei unangemessener Dauer des Verfahrens Schadensersatzansprüche zubilligt. An anderer Stelle gibt es Beschleunigungsvorschriften, wie etwa § 155 FamFG in Kindschaftssachen, der aber auch faktisch ein „zahnloser Tiger„ ist. Da Eilverfahren, also etwa einstweilige Anordnungen oder einstweilige Verfügungen, die Hauptsache in der Regel nicht vorwegnehmen dürfen, ist auch diese Verfahrensart nicht immer für schnelles Recht geeignet.

Umso bemerkenswerter ist die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.5.2020 – RiZ (R) 3/19. Darin ging es um einen Richter am Oberlandesgericht, der sich gegen einen Vorhalt und eine Ermahnung des Präsidenten des Oberlandesgerichts wendete, der ihn zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte aufforderte. Der Richter habe seit Jahren ganz erheblich und jenseits aller großzügig zu bemessenden Toleranzbereiche das Durchschnittspensum unterschritten. Im Jahre 2011 habe er sogar weniger Verfahren erledigt, als dies der durchschnittlichen Leistung einer Halbtagsrichterin/eines Halbtagsrichters am Oberlandesgericht entspreche. Das will schon was heißen!

Durch diese Ermahnung und den Vorhalt fühlte sich der Richter, wer hätte das gedacht, in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt, worauf er beim Dienstgericht beantragt hat, den Vorhalt und Ermahnung für unzulässig zu erklären. Das Dienstgericht wies seinen Antrag ab, die Berufung beim Dienstgerichtshof blieb für den Richter ebenfalls ohne Erfolg. Auf die Revision des Richters hat das Dienstgericht des Bundes das Berufungsurteil zunächst aufgehoben und die Sache an den Dienstgerichtshof zurückverwiesen wogegen der Richter Verfassungsbeschwerde eingelegt hat, die allerdings nicht zur Entscheidung angenommen wurde. Der Dienstgerichtshof hat die Berufung des Antragstellers erneut zurückgewiesen und die weitere Revision des Richters hatte wiederum keinen Erfolg.

Im Ergebnis ist damit der faule Richter auf ganzer Linie gescheitert. Er hätte die Zeit und Energie, die er für die Führung dieser jahrelangen Verfahren aufgewendet hat, besser für die Erledigung seiner Fälle verwendet, dann wäre es vielleicht nicht so weit gekommen.

Wie heißt es so schön: Nur schnelles Recht ist gutes Recht!